BVZ Interview - Sportförderung in Österreich

SPORTFÖRDERUNG IN ÖSTERREICH -„Es braucht eine Verdoppelung“

(Interview mit Bernhard Fenz, BVZ erschienen am 8.9.2022)

ASVÖ Burgenland-Präsident Robert Zsifkovits stößt sich schon seit langem an der Stagnation im Sportförderwesen. Der Chef des größten rot-goldenen Dachverbands fordert einerseits eine signifikante Erhöhung der Sportförderung und andererseits eine Neuaufteilung der Förderung auf verschiedene Ressorts, um künftig noch viel gezielter und effizienter den Leistungssport unterstützen zu können.

Seit über zehn Jahren wurde in Österreich die „Besondere Sportförderung“, so wie der Geldhahn für die Dach- und Fachverbände sowie zahlreiche weitere Institutionen und Projekte tituliert wird (siehe dazu Infobox), nicht erhöht. 80 Millionen Euro sind die Ausgangsbasis in dem Zusammenhang für die sogenannte Breite. Kolportiert wird seit geraumer Zeit eine Erhöhung auf 100 Millionen, klare Entscheidungen stehen aber noch aus. Für die Szene, angeführt von Sport Austria als Interessensvertretung und Dach des organisierten Sports, wäre eine solche Erhöhung in Bezug auf die Inflation der vergangenen Jahre oder die steigenden Energiepreise zweifelsohne eine Verbesserung. Jubelchöre dürfte man aber keine erwarten. Zu prekär sieht die Lage aus, befürchten Experten.

Einer davon, der bei diesem Thema nun kräftig in die Offensive geht, ist ASVÖ Burgenland-Präsident Robert Zsifkovits. Er sagt: „Bei einer Erhöhung von 80 auf 100 Millionen handelt es sich vergleichsweise um Peanuts. Die Sportförderung gehört in Wahrheit verdoppelt, um hier beim Stellenwert endlich einen wichtigen Schritt zu schaffen.“

Vor allem stößt sich der Stinatzer auch an der Auf- und Zuteilung für Sportförderung. „Wenn wir beispielsweise von Bewegungsprogrammen sprechen, die allesamt über den Sport finanziert werden, dann ist das eine Themenverfehlung. Die müssten über das Gesundheitsministerium laufen. Da die Kompetenz für die Aufteilung der Förderung in der Politik liegt, sind die Verantwortlichen hier auch gefordert.“

Viel zu wenig gehe es bei der Sportförderung um den Stellenwert des Leistungsgedankens. Der habe in der Breite sehr wohl auch eine ganz wesentliche Notwendigkeit. Stattdessen müssten, wie Zsifkovits betont, aus den Sporttöpfen Bereiche abgedeckt werden, die nicht in die Kernkompetenz des Sports fallen. „Wenn Seniorenturnen angeboten wird, ist das wichtig, weil man dadurch auch bewirken kann, dass ein älterer Mensch erst später pflegebedürftig wird. Der Sport kann österreichweit auch flächendeckende Programme zur Gesundheitsförderung, Inklusion, Integration und dergleichen in Senioreneinrichtungen, Kindergärten und Schulen für alle Teile der Bevölkerung umsetzen. Einen Vorteil hat hier aber das Sozialministerium, das müsste durch den präventiven Aspekt auch in die finanzielle Verantwortung genommen werden. Über 35 Milliarden Euro geben wir für das Gesundheitssystem aus. 0,1 Prozent für Prävention zu verwenden, wären alleine 35 Millionen und eine Umwegrentabilität, die sich sofort rechnet. Nutznießer wären Sozialeinrichtungen.“ Logische Folge für den aktuellen 80-Millionen-Euro-Topf: „Nur eine deutliche Erhöhung oder eine Verringerung der „fremden“ Förderungen, die nicht dem Leistungs- und Spitzensport auf Verbands- und Vereinsebene zu Gute kommen, bringt den Sport weiter.

Demnach müsse die Finanzierung über Ministerien und Institutionen laufen, die Vorteile daraus ziehen. „Oder man verdoppelt die Mittel der Besonderen Sportförderung“, führt laut Zsifkovits kein Weg an einer Änderung der Mittelverwendung vorbei.

Viel mehr Talente fördern als wichtige Forderung

Das Geld der Sportförderung sieht Burgenlands Dachverbands-Präsident auf anderen dringenden Baustellen besser eingesetzt, vor allem im Nachwuchs: „Es fehlen Konzepte, um in den Sportarten auch die Top-Talente tatsächlich effektiv fördern zu können. Hier fehlen die Mittel. Nach wie vor sind es vor allem die Eltern, die hier zwischen 15.000 und 30.000 Euro jährlich für ihr Kind investieren müssen.“ Das wiederum könne sich nicht jede Familie leisten, weshalb viele andere potenziellen Talente – und somit auch mögliche künftige Zugpferde für die verschiedenen Sportarten – auf der Strecke bleiben. Zsifkovits: „Folgende Milchmädchenrechnung hat einen durchaus wahren Kern: Wir haben rund 50 Sportarten und dabei jeweils zehn förderwürdige Talente. Bei 30.000 Euro und 500 Talenten würde das jährlich etwa 15 Millionen ausmachen. Solche zielgerichteten Förderungen wären keine Unsummen, aber sind im bisherigen Konstrukt einfach unmöglich.“ Ein Dorn im Auge ist dem rot-goldenen ASVÖ-Boss auch die Art und Weise, wie und vor allem wann die Gelder fließen. „Nach wie vor erfolgt Förderung rückwärtsorientiert – für die Höhe zählen Erfolge in der Vergangenheit. Das ist ein Nivellieren nach unten. Wir dürfen hier aber in keinen Verteilungswettkampf gehen. Stattdessen müssten die Top-Talente schon vorab viel effizienter und besser gefördert werden. Nur so kann eine optimale Unterstützung zum frühestmöglichen Zeitpunkt gewährleistet sein.“

Das kostet aber eben Geld. Geld, das für den ASVÖ Burgenland-Präsidenten jedoch nicht unverschämt hoch wäre, würde es etwa von 80 auf 160 Millionen erhöht werden. Weil das Ausgangsniveau sehr niedrig sei. „Wenn man den Stellenwert in der Gesellschaft bedenkt, dann liefert der Sport einfach viel mehr, als er kriegt. Dieses Ungleichgewicht gehört endlich wesentlich verbessert.

Wissenswertes zum Thema

Zu unterscheiden ist in:

1. Allgemeine Sportförderung. Diese wird vorwiegend für Infrastruktur, Großprojekte, Großevents wie WM, EM, Weltcup und dergleichen veranschlagt und beträgt 2022 156 Millionen Euro.

2. Besondere Sportförderung. Diese beträgt 80 Millionen Euro und wird ausgeschüttet an alle Dach- und Fachverbände, Alpine Organisationen, große Teile von verschiedensten Projekten (tägliche Turnstunde, Bewegt im Park, Frauenförderung, 100% Sport, Mamanet, Betriebssport), an das Österreichische Olympische Comité (ÖOC), das Österreichische Paralympische Commitee, den Öst. Behindertensportverband, Special Olympics Österreich, Paralympics et cetera. Robert Zsifkovits: „De facto hat sich die Fördersumme von 80 Millionen Euro seit elf Jahren nur minimal verändert und die „Kaufkraft“ wurde durch die Inflation um zumindest 20 Prozent verringert. Nachdem die allgemeinen Kosten für Mieten, Gehälter und Betrieb teurer werden, kürzt das die für den eigentlich Sportbetrieb verfügbaren Mittel auch betragsmäßig: beispielsweise durch eine Verringerung der Angestellten, Trainer und Betreuer, weniger Trainingslager und Wettkampf-Teilnahmen.“

Erschienen auf bvz.at

 

 

 

 

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