Die großen Pläne von BSO-Präsident Hans Niessl

Burgenlands Landeshauptmann a.D. ist neuer Präsident der Bundes-Sportorganisation. SPORTaktiv verrät er seine großen Pläne für die kommenden Jahre.

SPORTaktiv: Herr Niessl, was wollen Sie in ihrer fünfjährigen Amtszeit als BSO-Präsident umsetzen?

Hans Niessl: Für mich ist ganz wichtig, dass die „tägliche Turnstunde“, also die tägliche Sport- und Bewegungseinheit, in ganz Österreich flächendeckend eingeführt wird, dass es hier eine bessere Vernetzung zwischen Schulen und Vereinen gibt und vor allem, dass Vereine mit qualifizierten Trainerinnen und Trainern in die Schulen kommen. Damit soll ein spannender Bewegungsimpuls für Kinder und Jugendliche gesetzt werden. Der zweite Punkt ist: Wir wollen erreichen, dass die Sportstätten, die dem Bund gehören, während der schulfreien Tage weitestgehend geöffnet werden. Es ist nicht einzusehen, dass Millionen Euro in die Errichtung von Sportstätten des Bundes gesteckt werden – Gymnasien, berufsbildende, mittlere und höhere Schulen – und im Sommer neun Wochen niemand, kein Verein und kein Schüler, diese Sportstätten betreten darf. Mehr Sportstätten von heute bedeuten weniger Krankenbetten in der Zukunft. Das ist also eine wichtige präventive Maßnahme.

SPORTaktiv: Sie setzen Ihren Fokus also sehr stark auf die Jugend?

Niessl: Das ist einer der Schwerpunkte. Ein weiterer Schwerpunkt, der mir ganz wichtig ist, ist das Ehrenamt und die Freiwilligkeit. Ohne Freiwillige und ehrenamtlich Tätige würde es in Österreich keinen Sport geben. Da müssen wir konkrete Maßnahmen setzen, um den freiwillig und ehrenamtlich Tätigen, das sind 570.000 in Österreich, noch bessere Rahmenbedingungen zu setzen, sie in verschiedener Art und Weise aufzuwerten, besser zu informieren, besser zu schulen und ihnen noch mehr Wertschätzung entgegenbringen. Der nächste Punkt, der mir ganz wichtig ist, ist die Finanzierung des Sports. Um die vorher genannten Vorhaben umzusetzen sind natürlich finanzielle Mittel notwendig. Hier muss es also eine nachhaltige Finanzierung des Sports geben, zum Beispiel durch die Zweckwidmung der Einnahmen aus Online-Wettabgaben für den Sport. Das wäre ein Plus von bis zu 30 Millionen Euro jährlich, welches man für den Schulsport, Breitensport und Spitzensport verwenden könnte.

SPORTaktiv: Der Zustand des Sports wird in Österreich grundsätzlich als sehr schlecht betrachtet. Ist er wirklich so schlecht oder wird er schlechter gemacht, als er in Wirklichkeit ist?

Niessl: Der Sport verkauft sich unter seinem Wert. Die Dach- und Fachverbände leisten sehr gute Arbeit, die 570.000 Ehrenamtlichen sind ein Beweis, dass der Sport einen großen Stellenwert hat. Im Sport gibt es eine Wertschöpfung von 18 Milliarden Euro inklusive des Wintersports mit 300.000 Beschäftigen. Der Sport ist also auch im wirtschaftlichen Bereich eine Trägerrakete. Im Sport ist in den vergangenen Jahren sehr viel Positives passiert, aber natürlich ist noch sehr viel zu tun. Da ist die Herausforderung, wie man die angesprochenen Schwerpunkte bis hin zur Sportinfrastruktur umsetzt. Wir brauchen einen Sportstätten-Plan. Zuerst muss es eine Öffnung der Sportstätten geben, dann müssen schwerpunktmäßig die noch notwendigen Sporteinrichtungen errichtet werden.

SPORTaktiv: Das Thema „Infrastruktur“ ist sehr häufig in den Medien. Da dominiert jedoch die Diskussion über ein mögliches Nationalstadion. Sollten eher andere Sportarten eine Unterstützung in der Infrastruktur bekommen oder sollte es ein Nationalstadion geben, wo alle Sportarten ein Zuhause finden?

Niessl: Ich bin fest davon überzeugt, dass wir ein Sport-Nationalstadion benötigen. Für möglichst alle Sportarten soll dieses Stadion errichtet werden. Ich bin der Meinung, dass auch der Wintersport in einem Sport-Nationalstadion seine Berechtigung hat – Biathlon, Langlauf, Eishockey, um nur einige Beispiele zu nennen, sollen in einem Sport-Nationalstadion möglich sein. Und noch viele andere Sportarten. Natürlich Fußball, natürlich Tennis und, und, und. Möglichst alle Sportarten sollen im Nationalstadion Veranstaltungen durchführen können, dann ist die Errichtung auch zu rechtfertigen. Ich bin auch der Überzeugung, dass es durchaus möglich sein müsste, ein Nationalstadion durch Private zu errichten – private Errichter, Betreiber, Vermarkter.

SPORTaktiv: Kann ein kleines Land wie Österreich in mehreren Randsportarten gleichzeitig überhaupt erfolgreich sein oder muss man sich aufgrund der fehlenden Kapazitäten auf die erfolgreichsten Sportarten konzentrieren?

Niessl: Sport ist für mich Vielfalt. Und unser Sport wird immer vielfältiger. Es gibt wieder neue Sportarten und das ist auch gut so. Wir wollen auch von Seiten der BSO alias „Sport Austria“ gute Rahmenbedingungen schaffen, dass der Sport vielfältig bleibt. Wenn sich ein Lukas Weißhaidinger(WM-Bronze im Diskuswerfen, Anm.) einst selbst eine Sportstätte errichten musste, muss ich sagen, dass das hierzulande vielleicht keine Volkssportart ist, aber eine wichtige, in der Österreich erfolgreich ist. Daher brauchen wir für diese Bereiche natürlich auch Sportstätten.

SPORTaktiv: Der Sport war Ihnen in der Zeit als Landeshauptmann des Burgenlands sehr wichtig, Sie waren auch Sportreferent. Gibt es im Burgenland Beispiele, die man auf die restlichen Bundesländer Österreichs übertragen sollte?

Niessl: Das Burgenland ist sicher Vorreiter bei der täglichen Bewegungseinheit. Da müssen wir noch eine Feinabstimmung machen, aber dieses Modell zu diskutieren, mit anderen Modellen zu vergleichen und dann eine einheitliche Ausrollung in ganz Österreich zu machen, empfinde ich als wichtig. Der zweite Punkt ist die Öffnung der Sportstätten. Gemeinden haben in einem großen Umfang ihre Turnsäle und Sportstätten für Vereine, Dach- und Fachverbände geöffnet. Das ist Vorbild, denn wenn Gemeinden das machen, sollte es auch der Bund machen. Auch hier gibt es gute Beispiele aus dem Burgenland, aber auch aus anderen Bundesländern. Es gibt in vielen Bundesländern vorbildliche Einrichtungen. Diese Best-Practice-Modelle in verschiedenen Bereichen sollte man heraussuchen und das in weiterer Folge übertragen.

Dieser Artikel erschien in Folge 124 von SPORTaktiv.

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