„Ich lasse mich nicht mehr blockieren“

Olympiastarterin und Weltrekordhalterin Laurence Baldauff kehrt dem rot-weiß-roten Bogensport nach zahlreichen Querschüssen den Rücken. Österreich verliert damit eine Vorzeigeathletin und vermeintliche Fixstarterin für Tokio 2020.

Nach zwölf erfolgreichen Jahren schießt Laurence Baldauff ihre Pfeile künftig wieder für ihr Geburtsland Luxemburg. Damit endet das rot-weiß-rote Sportmärchen der 44-jährigen Paradebogenschützin am Ende ohne Happy End. Schuld daran sind vor allem eine Reihe unrühmlicher Vorkommnisse in Österreichs Bogensportszene.

Nachhaltig zu bröckeln begann Baldauffs Verhältnis zum heimischen Bogensportverband ÖBSV bereits während der Vorbereitung auf die Olympischen Spiele in Rio 2016, wo das langjährige Aushängeschild des BSV Stöttera als Österreichs erste olympische Bogenschützin seit 1984(!) antrat.

In der Hauptrolle: der damalige Bundestrainer Samo Medved. Als Entscheider über die Olympiaabstellung hätte dieser Baldauffs Traum vom Start unter den fünf Ringen – trotz erfolgreicher Qualifikation – jederzeit platzen lassen können. Eine Machtposition, die der Slowene gegenüber der rot-weiß-roten Topathletin eiskalt ausspielte. „Da er einen Deal mit einem Ausrüster hatte, sollte ich mit einer Sehne schießen, mit der ich viel weniger traf. Ein Jahr lang. Erst als ich kurz vor Olympia trickste und mir mein Material in der Farbe ‚seiner‘ Sehne bestellt habe, lobte er mich plötzlich, dass die Pfeile gut fliegen.“

Nach ihrer Rückkehr aus Rio beschwerte sich Baldauff beim ÖBSV unter anderem über viel zu allgemeine Trainingspläne. Medved strich sie daraufhin aus dem Kader. Später musste der Slowenen unter massivem Druck weiterer Schützen und Trainer selbst die Koffer packen. Doch nicht alle Sportler waren darüber glücklich. Dominik Irrasch und Andreas Gstöttner weigerten sich etwa fortan mit der gebürtigen Luxemburgerin im Mixed-Team, das für Olympia 2020 gute Chancen gehabt hätte, zu starten. „Wegen persönlicher Befindlichkeiten, der Behauptung, ich sei für die Trainer-Kündigung verantwortlich.“

Dabei sollte es jedoch nicht bleiben. „Beim Weltcup in Antalya mobbten sie mich. Mir wurde gedroht, ich dürfe sie nicht mehr ansprechen.“ Während der ÖBSV auf Baldauffs darauffolgende Beschwerde offiziell noch nicht reagierte, setzte es für die 44-jährige Guinness-Weltrekordhalterin Konsequenzen. Neo-Trainer Christian Wöll verzichtete auf Österreichs beste Bogenschützin und stellte stattdessen seine Tochter Martina gemeinsam mit Gstöttner auf. Auch beim GP in Sofia und der EM wartete Baldauff vergeblich auf eine Nominierung. Lediglich bei der Feld-WM hätte sie starten dürfen. „Zu diesem Team und Trainer habe ich einen sehr guten Draht. Aber ohne die olympische Disziplin ist es für mich schwerer, Sponsoren zu behalten oder finden.“

Aufgerieben von den ständigen Blockaden war der Bogen für die Weltklasseathletin endgültig überspannt. Die Konsequenz: Künftig wird sie nicht nur ihren Lebensmittelpunkt nach Luxemburg verlagern, sondern auch wettkampfmäßig wieder für ihr Geburtsland an den Start gehen. Das langjährige rot-weiß-rote Aushängeschild nimmt dafür sogar ein Jahr „Stehzeit“ in Kauf. „Diese Frist muss ich akzeptieren. Ich hätte zwar gerne weiter für Österreich geschossen, lasse mich aber nicht mehr blockieren.“

Als oberster Vertreter des ASVÖ Burgenland, mit dem Baldauff stets ein Vertrauensverhältnis verband, betrauert Präsident Robert Zsifkovits den Nationenwechsel der Olympiastarterin naturgemäß: „Spitzensportler brauchen Freiraum und kein Korsett! Es ist schade, dass so eine Top-Athletin wie Laurence Österreich verlässt. Wir drücken ihr für ihre private und sportliche Zukunft in Luxemburg aber natürlich weiter die Daumen.“

Unsere Top-Partner